Zum Valentinstag gibt es eine der ganz berühmten Liebesgeschichten Italiens, die sich im 13. Jahrhundert in der Burg Gradara im Norden der Marken zugetragen haben soll. Sie wurde zunächst vom Dichter Dante Alighieri in seiner „göttlichen Komödie“ beschrieben, später wurde der Stoff in vielen Erzählungen und Bildern wieder aufgenommen. Im Kapitel „Inferno“ (zu deutsch „Hölle“) der göttlichen Komödie trifft Dante nämlich auf Francesca da Polenta, die weibliche Heldin der Liebesgeschichte. Francesca durchlebt die Hölle, weil sie an ihr verlorenes Glück zurückdenken muss: „Wer fühlt wohl größres Leiden, Als der, dem schöner Zeiten Bild erscheint Im Mißgeschick?“
Und so soll es sich zugetragen haben: Der Stadtherr von Ravenna wollte aus politischen Gründen seine bezaubernde Tochter Francesca da Polenta mit dem ältesten Sohn des Herrschers von Rimini vermählen, weil er erhoffte, damit einen starken Verbündeten in der Region zu haben. Dieser Sohn, Gianciotto Malatesta genannt, war nun aber äußerst hässlich und von besonders grausamem Charakter. Deshalb überlisteten sie Francesca: Gianciottos gutaussehender jüngerer Bruder, Paolo, den sie auch „Il Bello“, den Schönen, nannten, überbrachte die Brautwerbung an seines Bruders statt. Francesca verliebte sich direkt in Paolo, stimmte der Hochzeit zu und merkte erst am Morgen der Hochzeitsnacht den Betrug.
Eines Tages, als Gianciotto nicht auf der Burg weilt, liest Francesca ihrem nunmehr Schwager Paolo aus der Liebesgeschichte von „Lancelot und Ginever“ vor und zutiefst berührt gesteht ihr Paolo daraufhin seine Liebe zu ihr. Etwa 10 Jahre lang haben die beiden eine leidenschaftliche Liebesaffäre bis Gianciotto die beiden in flagranti erwischt und beide ersticht.
Die historischen Familien der Malatestas und der da Polenta gab es tatsächlich so wie beschrieben, aber keiner weiß, wieviel wirklich an der Liebesgeschichte dran ist und wieviel von Dante, der Zeitzeuge war, erfunden wurde. Im 18 Jahrhundert gab es auf Gradara wohl ein Skelett einer jungen Frau, die mit Juwelen und luxuriöser Kleidung geschmückt war – möglicherweise waren es ja die Überreste von Francesca.
Die Burg Gradara, wo sich das Ganze ereignet hat, nennt sich heute „il rocco dell‘ amore“, der Fels der Liebe. Jedes Jahr zum Valentinstag wird die Burg ganz im Zeichen der Liebenden geschmückt. Isabelle war letztes Jahr dort und hat viele schöne Bilder mitgebracht. Aber eine Besichtigung von Gradara lohnt auch zu anderen Zeiten: Sie ist eine der größten, vollständig erhaltenen Burgen Italiens. Man kann sie schon von weitem von der Autobahn A14 zwischen Rimini und Pesaro sehen, weil sie hoch oben auf einem Fels thront, der die Gegend weit überblickt. Wenn man sie sieht, spürt man die Macht, die sie ausstrahlt und den Einfluss, den die Malatestas zu ihrer Zeit in dieser Region hatten.
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