Zuletzt habe ich von Sassoferrato berichtet, wo früher der römische Ort Sentinum lag und wo 295 vor Christus die „Schlacht der Nationen“ stattfand. In der Folge entstand der römische Handelsposten „Suasa“, über den ich hier berichten möchte.
Doch zunächst ein kurzer Exkurs über Sentinum: 295 vor Christus wurde hier eine riesige Schlacht geschlagen, in der die Römer, die sich mit den in den Marken lebenden Picenern verbunden hatten, gegen eine Heerschar aus Etruskern, Galliern, Samniten (ein Volksstamm aus der Gegend von Neapel) und Umbriern kämpften.
Allein die römischen Truppen hatten circa 38000 Mann inklusive Kavallerie. Die gegnerischen Gallier hatten Streitwagen. Außerdem hatten die Römer weitere Heere benutzt, um die Etrusker und Gallier in Rom und in der Toskana bei Chiusi in Schach zu halten und abzulenken. Schließlich trafen die feindlichen Heere bei Sentinum aufeinander, wo sie zunächst 2 Tage warteten, bevor die riesige Schlacht begann. Die Römer siegten und besiegelten damit auch ihre Vorherrschaft in den Marken, nachdem sie im Anschluß auch die verbündeten Picener vereinnahmt hatten. Diese Schlacht übrigens wird in Sassoferrato jedes Jahr Ende Juli in einem riesigen Live-Event nachgestellt.
In der Folge wurde in der Nähe ein römischer Handelsposten errichtet, der günstig zur Via Flaminia lag, einer der großen römischen Straßen, die die adriatische Stadt Fano mit dem westlichen Rom verband. Dieser Ort hieß Suasa und lag beim heutigen kleinen Ort „Castelleone di Suasa„. Im ersten Jahrhundert nach Christus blühte Suasa auf: sie errichteten ein Amphiteater, ein römisches Forum (der zentrale Gebäudekomplex des Ortes wo Versammlungen und Feste udn religiöse Feiern stattfanden) und ein Theater. Die Häuser der Kaufleute von Suasa waren unglaublich reich an Ausstattung, und durch die regen Handelstätigkeiten konnten sich die Leute Materialen aus den verschiedensten Regionen des römischen Imperiums leisten.
Domus Coiedii – Das Haus der Familie Coiedii
Eine der reichen Familien aus Suasa waren die Coiedii, deren Villa um die 3000 qm umfaßte und die sich direkt gegenüber des römischen Forums befand. Lucio Coiedio Candido, der Hausherr, war ein Senator unter Kaiser Claudius. Die Schlafzimmer befanden sich direkt am Eingang und waren, wie bei Römern üblich, recht niedrig und klein. Hinter den Schlafzimmern befand sich das Atrium, also ein typisch römischer Innenhof, in dem das Regenwasser gesammelt wurde, und der für eine gutes Klima im Haus sorgte.
Dank der reichhaltigen und wunderschönen Mosaike konnte man auch die Gästezimmer lokalisieren. Das Eßzimmer war sogar in toskanischem Carrara Marmor und anderen kostbaren Materialien ausgelegt. Das Haus hatte eigene Thermalbäder und im Garten war ein eigener Swimming Pool. Die Überreste und Mosaike kann man alle noch besichtigen und sie sind in überraschend gutem Zustand!
Das Haus der Familie Coiedii ist mit Sicherheit ein Höhepunkt der Ausgrabungen, aber es finden sich auch Reste einer römischen Straße, das Forum, das noch nicht vollständig ausgegraben wurde, aufwendig bemalte Wände anderer Häuser, sowie das Amphitheater.
Das Ende von Suasa ist der Anfang von Castelleone di Suasa
Mit dem Ende des Römischen Reiches im 6. Jahrhundert nach Christus verließen die letzten Einwohner Suasa. Der Ort war wegen seiner ungeschützten Lage in einer Ebene nicht gegen die einfallenden Goten zu verteidigen. Die Überreste der Stadt wurden als Steinbruch für Castelleones Baumaterial verwendet und den Rest überdeckte über die Jahrhunderte Erde, bis Suasa in den 1980ern per Zufall wiederentdeckt wurde: Ein neuartiges Riesenpflugmesser brachte die ersten Funde zu Tage. Daraufhin begannen Wissenschaftler der Universität Bologna mit den Ausgrabungen, die seitdem Sommer für Sommer fortgesetzt werden, um weitere Teile von Suasa ans Tageslicht zu bringen. Im Ort gibt es ein archäologisches Museum, wo weitere Fundstücke zu sehen sind.
Seitdem können wir an diesem Ort bewundern, was für fantastische Baumeister die Römer doch waren!
0 Kommentare