Lorenzo Lotto gilt als einer der bedeutendsten Künstler der italienischen Hochrenaissance. Mit-Bloggerin Isabelle führt uns deshalb einmal auf eine seiner zahlreichen Spuren in den Marken:
Es ging dafür nach Cingoli, wo Isabelle im Rahmen der FAI-Tage (Tage des offenen Denkmals) das Rathaus besichtigte. Cingoli wird gerne der Balkon der Marken genannt, da es, auf 600 m Höhe gelegen, an klaren Tagen ein fantastisches Panorama bis hin zur kroatischen Küste bietet.
Rathaus von Cingoli:
Als Erstes begab sie sich mit ihrem Mann zum Hauptplatz von Cingoli, wo man den Palazzo Comunale (das Rathaus) nicht übersehen konnte; es ist das größte sowie eines der ältesten Gebäude des Ortes. Bereits im 12. Jahrhundert stand hier eine Art Palazzo; aber der älteste, heute noch sichtbare Teil (der Sockel des Turms) stammt aus dem 13. Jahrhundert. Der Turm selbst wurde erst im 15. Jahrhundert errichtet, ebenso wie das Nebengebäude. Im Jahre 1531 gab der damals regierende Kardinal Egidius Canisius obendrein noch eine neue Fassade in Auftrag, die bis heute das Erscheinungsbild des Rathauses bestimmt. Der Kardinal wurde dafür sogar im Sims des 2. Stocks verewigt:
F. EGIDIVS CARDINALIS VITERBIENSIS PATRIARCA
COSTANTINOPOLITANUS AD COMMODUM ATQUE
ORNAMENTUM REIPUBLICAE CINGULANAE
ANNO DOMINI MDXXXI
Übersetzung:
F. EGIDIV KARDINAL PATRIARCH VON VITERBIENUS VON KONSTANTINOPEL
ORNAMENT DER REPUBLIK CINGULA IM JAHR DES HERRN 1531
Isabelle und Erik traten ein und begaben sich in den ersten Stock. Hier, in der Sala Verdi (Verdi-Saal), befand sich seit dem 16. Jahrhundert ein Theater. Es wurde 1936 wegen seines schlechten baulichen Zustandes abgerissen, aber man konnte noch immer die Bühne sehen.
Hier befand sich auch noch das alte Uhrwerk, das von 1920 bis 1963 die Uhr im Turm steuerte.
Aber das Kunstwerk, das die Besucher hauptsächlich ins Rathaus lockte, befand sich im Wappensaal (Sala degli Stemmi). Dazu mussten die beiden noch eine Etage höher gehen. Dort, in einem Saal aus dem 19. Jahrhundert, befand sich nämlich das berühmte Gemälde La Madonna del Rosario (Die Rosenkranzmadonna) von Lorenzo Lotto aus dem Jahre 1539.
Lorenzo Lotto:
Lorenzo Lotto wurde 1480 in Venedig geboren und starb 1556 oder 1557 in Loreto. Er war Zeitgenosse berühmter Maler wie Tizian, Michelangelo und Raffaello. Seine Weigerung, sich an andere anzupassen, führte aber dazu, dass er nicht so berühmt wurde wie seine Weggefährten. Seine Gemälde hängen hauptsächlich in der Lombardei, in Venetien und eben in unserer Region Marken. Aber auch ausländische Museen von Paris bis Washington besitzen einige seiner Werke.
Lorenzo Lottos „Die Madonna vom Rosenkranz“:
Die Madonna del Rosario wurde 1539 von den Dominikanern der Kirche San Domenico in Cingoli in Auftrag gegeben. Das Werk wanderte über die Zeit ins Gemeindemuseum (Pinacoteca Comunale), danach in die Kirche San Niccolò und schließlich wieder in die Kirche San Domenico. Nach dem Erdbeben von 2016 wurde Letztere jedoch beschädigt und das Gemälde wurde provisorisch in der Sala degli Stemmi untergebracht, wo es auch heute noch hängt.
Mit seiner Größe von 3,89 m x 2,64 m beherrscht es den Raum und mit seinen leuchtenden Farben und fein gearbeiteten Details ist es ein beeindruckend schönes Gemälde. Man betrachtet es als eines von Lottos Meisterwerken.
Die Hauptfigur ist natürlich Maria mit ihrem Jesuskind, der der Heilige Exuperantius (Sant’Esuperanzio), Schutzpatron von Cingoli, ein Modell der Stadt überreicht. Ihm zur Seite stehen die Heilige Katharina von Siena und der Dominikaner Petrus von Verona.
Maria wiederum übergibt einen Rosenkranz an den heiligen Domenicus. Neben ihm stehen Maria Magdalena – dargestellt als Sperandia Franceschini, eine adlige Dame aus Cingoli – und der Dominikaner Vincenzo Ferreri.
Über der Madonna sehen wir 15 Medaillons, die von unten nach oben und von links nach rechts zu lesen sind. Sie behandeln die 15 Geheimnisse des Rosenkranzes: die freudenreichen Geheimnisse (von der Frohen Botschaft bis zu Jesus im Tempel), die schmerzhaften Geheimnisse (die Qualen Jesu bis zu seinem Tod am Kreuz) und die 5 glorreichen Geheimnisse (die Auferstehung Jesu von den Toten bis zur Krönung Marias im Himmel).
Der untere Teil des Gemäldes zeigt Johannes, den Täufer, mit 2 Engeln, die Rosenblätter streuen.
La Sala degli Stemmi – der Wappensaal:
Der Wappensaal enthält zudem die Wappen der wichtigsten Familien von Cingoli. Die fein bemalte Decke wurde übrigens erst bei Restaurierungsarbeiten im Jahr 2017 wiederentdeckt!
Andere Werke:
Im Gebäude zu sehen sind auch Fresken aus dem 15. Jahrhundert, die aus Kirchen in Cingoli stammen, die heute nicht mehr existieren.
Außerdem gibt es ein Gemälde des Heiligen Domenicus aus dem 17. Jahrhundert, umgeben von einem Rahmen mit üppigen vergoldeten Holzschnitzereien. Letztere wurden von Scoccianti aus Cupramontana angefertigt, der auch der Raffaello der Blätter genannt wurde, weil er ein Meister solcher Schnitzkunst war.
Tipps zu Lorenzo Lotto in den Marken:
Wer die Rosenkranzmadonna sehen möchte, kann sich an die Bibliothek von Cingoli in der Via G. Mazzini 10 wenden – Tel. 0039 0733 602877.
Öffnungszeiten:
Montags bis freitags: 8.30 – 12.30 Uhr, nachmittags auf Anfrage.
Samstags: 16.30 – 18.30 Uhr.
Sonntags: 10.30 – 12.30 Uhr / 16.30 – 18.30 Uhr.
Eintrittspreis € 2,00
Weitere Meisterwerke von Lorenzo Lotto in den Marken findet Ihr über diese Website (auch auf Englisch): Die Region Marken hat nämlich im Jahr 2011 eine Lorenzo-Lotto-Route erarbeitet. Sie beschreibt auch weniger bekannte Orte wie Mogliano oder Monte San Giusto.
Wir für unseren Teil werden zukünftig sicher noch weitere Werke von Lotto besuchen und darüber an dieser Stelle hier berichten!
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