Die italienischen Nonnas, die Großmütter, wissen noch, wie man die beste Pasta selber herstellt, so wie unsere Nonna Franca, die uns für den Blog ihr Rezept der Passatelli verriet. Wie aber kann ich lernen, selber Pasta herzustellen, wenn ich keine italienische Großmutter habe? Richtig, ich gehe in einen Pasta-Kurs, und zwar in einen professionellen!
So haben meine Italienisch-Kurs-Freundin Nicole und ich letztes Wochenende den Pasta-Kursus „Pasta ohne Ei aus Hartweizengrieß“ bei Sfoglina Simonetta besucht und jede Menge Spaß und Kurzweil bei dem 3-stündigen Seminar gehabt.
Sfoglina (zu Deutsch etwa „Teig-Herstellerin“ und nicht zu verwechseln mit Pasticciera, der Konditorin) ist einer der ältesten authentischen Berufe der italienischen Küchentradition. Simonetta hat diesen an Restaurantfachschulen, u.a. in DER Pasta-Region Emilia Romagna erlernt und schon Preise gewonnen. Sie gibt Kurse für Amateure wie mich, aber sie schult auch professionelle Kunden oder tritt bei Fach-Messen auf.
Der Kursus findet in Troviggiano, einem kleinen Ortsteil von Cingoli, im dortigen Pro Loco statt, einem örtlichen Veranstaltungsraum. Wir sind zu sechs Teilnehmerinnen und wunderen uns, warum unsere italienischen Mit-Teilnehmerinnen lernen wollen, Pasta herzustellen. „Das könnt Ihr doch bestimmt alle von klein auf“ – fragen wir verwundert. „Nein“ meinen sie. Früher wurde in den Familien jeden Sonntag frische Pasta hergestellt und alle trafen sich zum Essen, meist bei der Nonna, der Großmutter. „Heutzutage“, so sagen sie, „gibt es bei uns immer noch Sonntags frische Pasta zu essen, aber wir kaufen sie meist im Pasta-Geschäft oder im Supermarkt“. Aber sie möchten es gerne lernen, und deshalb sind sie hier.
Simonetta verteilt große Arbeitsbretter und einige wenige Küchenutensilien: eine kleine Schüssel, eine Gabel, ein Holzstäbchen, einen Teigschaber, ein Messer, eine Sprühflasche mit Wasser und ein kleines geriffeltes Brettchen. Und dann geht es los:
Zunächst eine kleine Warenkunde, die bei nur 3 Zutaten – Hartweizenmehl (semola di grano duro rimacinata), Wasser, Salz – recht übersichtlich ist und dann geht es auch schon los: Simonetta wiegt uns alles ab und verteilt es in kleinen Schüsselchen an uns.
Grundsätzlich, sagt sie, gibt es ja den Nudelteig, der mit Weizenmehl des Typs 00 und Ei gemacht wird und den aus Hartweizenmehl mit Wasser und ohne Ei. Ersterer resultiert in Nudeln, die weicher sind, wie etwa gefüllte Nudeln, Tagliatelle oder Lasagne. Letzterer wird für eine riesige Anzahl Nudeln genommen, die möglichst Al Dente sein und eine bestimmte Form halten sollen. Aber, sagt Simonetta, man kann auch mischen, also etwa halb Weizenmehl 00 und halb Hartweizenmehl nehmen. Je mehr normales Weizenmehl, umso weicher wird die Pasta nachher.
Nun müssen wir ran. Zunächst mit der Gabel im Schüsselchen vermengen, danach mit den Händen auf dem Backbrett weitermachen: Den Teig sollen wir ordentlich kneten und ziehen, bis er geschmeidig wird. Simonetta geht herum und prüft, ob der Teig schon gut ist. Am Ende zu einer Kugel formen und unter dem umgedrehten Schüsselchen ruhen lassen.
Während unser Teig ruht, zeigt sie uns die Nudelformen, die wir heute lernen werden:
Orecchiette (aus Apulien und der Basilikata), 2erlei Cavatelli (Apulien), Malloreddus (Sardinien), Trofie (Ligurien), Lorighiddas (Sardinien), Busiate (Sizilien), Maccheroni mit Speichentechnik (Apulien, Kalabrien, Sardinien).
Nichts aus den Marken dabei, denke ich. Aber unsere Kursleiterin ist waschechte Marchigianerin und das soll mir für heute genügen.
Jetzt sind wir dran: alles fängt damit an, dass wir dickere oder dünnere Röllchen formen, je nach Nudeltyp. Und dann gibt es spezielle Handgriffe für jede Nudelart, teils unterstützt von einer der Utensilien. Wir sind mit voller Konzentration dabei, denn die Handgriffe müssen exakt sein und das Backbrett darf nicht austrocknen. Erstaunlicherweise klebt der Teig überhaupt nicht!
Die Zeit fliegt! Die Trofie habe ich relativ schnell hingekriegt und auch Malloreddus, Lorighiddas und Busiate gehen ganz gut. Dafür habe ich bei den Maccheroni aufgegeben. Nun zu den Orecchiette! Wer regelmäßig Kochsendungen im deutschen Fernsehen schaut, weiß, dass sogar Tim Mälzer an denen gescheitert ist und am Ende geweint hat, also bin ich nervös. Und sie wollen mir einfach nicht gelingen:
Aber Simonetta eilt zu Hilfe und erklärt nochmal Schritt für Schritt, worauf es ankommt und – siehe da – auf einmal funktioniert es auch bei mir!
Zur Belohnung geht Simonetta herum und läßt uns von ihren halb-kandierten Zitronen probieren – sehr lecker.
Wir haben zuviel gelacht und getrödelt – die 3 Stunden sind fast rum und unter meinem Töpfchen ruht noch eine Menge Teig, der verarbeitet werden will. Warum sind die anderen fast fertig? Aber kein Problem, auch hier hilft Simonetta aus und macht mir aus meinem Rest-Teig noch einen Haufen perfekter Orecchiette.
Wir dürfen unsere Nudeln einpacken und mitnehmen, während Simonetta uns aus ihren Vorführ-Nudeln eine Kostprobe zubereitet – herrlich mit den kandierten Zitronen und Bottarga (Thunfisch-Kaviar)!
Zu Hause angekommen, führe ich meine Nudeln vor, dieses Mal mit einer selbstgemachten Artischocken-Sauce, die ich noch im Tiefkühlfach hatte – auch sehr lecker! Diese Woche bekommen wir Besuch, da muss ich meine neu erworbenen Fähigkeiten unbedingt anwenden und hausgemachte Nudeln servieren – habe die Zutaten schon alle gekauft.
Wer auf Simonettas Webseite geht, kann sich für ihren Newsletter einschreiben, in dem sie die aktuellen Termine bekannt gibt. Oder man kontaktiert sie per email oder Telefon, um die nächsten Termine zu erfragen.
Auf Nachfrage kann sie den Kurs auch auf Englisch geben und ab mindestens 5 Personen gibt sie auch Privatkurse, sagt sie, dafür kann man dann den Termin mit ihr ausmachen. Sie hat schon Kurse unter freiem Himmel gegeben, Kurse für Junggesellinnen-Abschiede oder zu bestimmten Themen.
Und vielleicht melde ich mich zu einem ihrer nächsten Kurse an, zum Beispiel zu etwas lokal Marchigianischem …
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