Das Wildschweinfest in Ostra hat uns letztes Jahr sehr beeindruckt: Das Fest der Pappardelle al Cinghiale, wie es richtig heißt, erstreckt sich über stolze 6 Tage! Dieses Jahr findet es wieder zwischen dem 4. und dem 9. August wieder statt.
Kleiner Ort – viele Leute.
Da wir ganz gerne Wildschwein essen, fuhren wir letztes Jahr an einem Wochentag hin:
In den Ankündigungen hatte ich gelesen, dass es in Ostra stattfindet, aber als wir im Ort ankommen, sieht so gar nichts nach Fest aus. Wir fragen einen einsamen Passanten, der seinen Hund ausführt, wo denn das Fest sei. Das sei in Casine di Ostra, etwa 3 Kilometer außerhalb. Als wir dort ankommen, liegt in dem nur knapp 1300 Einwohner zählenden Dorf Feststimmung in der Luft.
Wie immer ist irgendwo für genügend kostenfreien Parkplatz gesorgt, dieses Mal auf einer Wiese.
Wir haben uns bewusst einen Wochentag für unseren Besuch ausgesucht, weil wir dachten, dass es am Wochenende vielleicht zu voll sein könnte. Tatsächlich ist es aber auch am Mittwoch äußerst gut besucht. Dabei gibt es kurz vor Ferragosto (dem wichtigen Feiertag des 15. August, wo gefühlt ganz Italien Urlaub irgendwo am Meer macht) so unglaublich viele Feste, auf die die Leute gehen können. Dieses hier muss daher legendär und beliebt zu sein.
Perfekte Organisation!
Das Fest ist generalstabsmäßig organisiert, so dass wir trotz des großen Andranges nicht lange warten müssen: Noch bevor wir uns an eine der vielen Kassenschlangen anstellen, können wir in Ruhe auf einem Zettel unsere Speise- und Getränkewünsche notieren. Dadurch geht der Bestellvorgang selbst am Ende recht flott. Dann bekommen wir separate Kassenzettel fürs Essen und für die Getränke und können uns damit an den entsprechenden Ausgabestellen anstellen. Auch hier ist alles organisiert: es gibt separate Schlangen für die verschiedenen Gerichte und es geht super-zügig voran.
Der ganze Essensausgabe-Bereich ist so riesig, dass wir nur ahnen können, dass hier Unmengen von Wildschwein über den Tresen gehen.
Wildschweine – sehr zahlreich in den Marken.
Ich esse gerne Wild, weil das Fleisch nicht aus Massentierhaltung kommt. Nur das Ende in einer der großen Treibjagden im Herbst ist für das Tier dann nicht so schön, dafür hat es aber ein artgerechtes Leben gehabt. In den Marken gibt es unglaublich viele Wildschweine: sie kommen bis nahe an unser Haus heran und man sieht manchmal Rotten mit großen und kleinen Tieren über die Straße laufen. Zur Coronazeit, als es lange Zeit Ausgangssperren gab, haben sich die Bestände wohl so vermehrt, dass die Jäger aus unserer Gemeinde erzählten, sie hätten letztes Jahr um die 500 Tiere nur um unseren Ort herum erlegt!
Entsprechend steht in den Marken Wildschwein auf vielen Festen und in etlichen Restaurants auf der Speisekarte. Pappardelle al Cinghiale, also sehr breite Bandnudeln mit einer Wildschweinfleischsauce ist dabei ein echter Klassiker der marchigianischen Küche.
Kein Fest für Vegetarier.
Es gibt aber auch andere Gerichte, wie Crescia, Nudeln mit Entensauce, Melone mit Schinken, Würstchen oder normales Schweineschnitzel. Für Vegetarier oder Veganer scheint mir dieses Fest leider weniger geeignet: das einzig Vegetarische auf der Karte sind Fritten sowie Tomaten und Auberginen vom Grill als Beilage.
Zum Essen setzen wir uns an einen der langen Tische, die sich unter einer großen Zeltkonstruktion befinden: Auch bei Regen wäre hier für ungetrübten Genuss gesorgt! Während wir unsere Nudeln mit Wildschwein, Wildschweineschnitzel und gegrilltem Gemüse als Beilage verzehren, staunen wir nochmal:
Denn auch das Geschirr-Abräumen geht professionell vor sich! Die freiwilligen Helfer schieben unermüdlich kleine Wägelchen durch die Bänke und trennen den Müll direkt in Recyclingmüll, Papier- und Restmüll!
Unsere erste, traumatische Fest-Erfahrung vor vielen Jahren.
Was für eine Wohltat! Auf einem unserer allerersten Feste in den Marken, einem Polentafest mit deutlich weniger Publikum, hatten wir das genaue Gegenteil, nämlich völliges Chaos, erlebt: Es gab einen Pulk von vielen Leuten, die sich um den Kassentisch scharten. Die völlig überforderten Freiwilligen hatten Zettelchen mit verschiedenen Farben für die verschiedenen Gerichte, schrieben aber nochmal zur Sicherheit auf die Zettel, für was diese waren. Das dauerte elend lange.
Als wir mit unseren Zetteln in einem zunehmend drängelndem Pulk von Leuten an der Essensausgabe anstanden, kamen nach- und nach die Hiobsbotschaften, dass einige Gerichte inzwischen ausgegangen waren. Und als wir näher an die Ausgabe rückten, war so gut wie nichts mehr da. Also stellten wir uns nochmals an der Kasse an, um unser Geld zurück zu bekommen. Frustriert und hungrig fuhren wir damals nach Hause. Das wäre uns auf dem beispielhaft organisierten und zahlreich besuchten Pappardelle Fest in Casine di Ostra nicht passiert!
Musik, Tanz und eine ein Schätz-Spiel mit satten Prämien
Aber zurück nach Casine di Ostra: Nach dem Essen schlendern wir noch ein wenig herum. Eine Band spielt schon eine ganze Weile unermüdlich, doch inzwischen wird sogar vor der Bühne getanzt.
Beliebt auch die Lotterie: hier werden keine Lose ausgegeben, sondern man soll schätzen, wie hoch sich der ganze Schinken befindet, der an einem Gerüst hängt und wie schwer er ist. Als ersten Preis gibt es ein Mountainbike, als zweiten einen LCD Fernseher und als dritten eine Uhr. Platz 4 bis 15 sind Naturalien: ganze Schinken, ganze Würste und Wein werden den glücklichen Gewinnern versprochen.
Nächste Woche sind wir wieder da!
So gegen 23 Uhr wird es deutlich leerer.
Wir gehen beschwingt und wohlig satt zurück zum Auto und wissen, dass wir zum nächsten Fest wieder da sein werden. Ab morgen ist es wieder so weit, aber wir werden wohl wieder an einem Wochentag hingehen.
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