Jetzt, Anfang Juli sehe ich überall in unserer Gegend gemähte Weizenfelder mit großen Heuballen. Und am Ortseingang von Monte Roberto lustige, riesige Gestalten, die aus Heuballen geformt sind: Es ist wieder Zeit für das Dreschfest im Park der Villa Salvati. Dieses Jahr vom 11. bis 14. Juli.
Das Fest bietet Unterhaltung für Groß und Klein: Vorführungen von alten Dreschmaschinen und Traktoren, typisches Essen vom Lande, Verkaufsstände, Musik und – besonders zu empfehlen: die Möglichkeit, die Villa Salvati zu besichtigen. Die ist nämlich eine der schönsten Beispiele neoklassizistischer Architektur in der Region Marken!
Als wir spätnachmittags ankommen, ist es noch reichlich leer auf dem weiten Geländer des Parks der Villa. Der Park wurde erst 2021 mit Geldern der Provinz Ancona aufwendig restauriert, denn der alte Baumbestand, insbesondere der der repräsentativen Allee, war etwas vernachlässigt worden.
Es stehen aber schon einige Dreschmaschinen, Traktoren und Erntemaschinen – alte und neue – herum. Die alten Maschinen stammen teils aus Produktionen der Gegend wie Jesi, Fermo und Cingoli. Sie wurden teils von Studenten der Landwirtschaftsschule, die in der Villa Salvati untergebracht ist, restauriert.
Wir haben gerade unseren Rundgang beendet, da beginnt schon die Vorführung einer riesigen alten Dreschmaschine aus Cupramontana. Sehr spannend, vor allem die Kinder schauen mit großen Augen zu, als der Traktor schnaufend startet und die Maschine das geerntete Getreide drischt und nach und nach das vom Weizen getrennte Heu vorne heraus wirft.
Damit es kurzweilig bleibt, spielt zudem eine Folkloregruppe mit ihren traditionellen Instrumenten auf. Studenten der Landwirtschaftsschule haben ein kleines Weinfässchen auf eine Schubkarre gestellt und fahren damit herum und bieten kostenlos ein Gläschen Wein an. Die Atmosphäre ist fröhlich und die Sonne scheint noch dazu. Hier könnt Ihr ein kurzes, nur 1,5 Minuten langes Video sehen, welches ich davon zusammengebastelt habe:
Nun sind wir aber genug herumgelaufen – es wird Zeit uns ein schattiges Plätzchen unter den Zelten zu suchen, um etwas zu trinken und uns ums Essen zu kümmern. Es wird Zeit? Alles ist noch leer und wir sind wieder mal unter den Ersten!
Das stellt sich dieses Mal aber als sehr clever heraus. Es gibt nämlich schon eine ganz kleine Schlange vor der Essensausgabe, obwohl diese noch nicht angefangen haben. Als die Ausgabe öffnet, darf erst einmal der Polizist vor – der muss ja gleich weiter seinen Dienst versehen.
Dann kommen wir. Neben den eher üblichen lokalen Gerichten wie Penne al’arrabiata, Tagliatelle mit Wildschweinsauce oder Salsiccia (Fenchelwürstchen) gibt es ein paar Spezialitäten der Landküche: Gnocchi alla Papera (Gnocchi mit Entensauce), Oca arrosto (Gänsebraten), Trippa (Kutteln, Magen) und Maccheroni del Batte. Letztere gelten als typische Mahlzeit bei der Ernte in den Marken: Es handelt sich um Pasta mit einer über Stunden gekochten Gänsesauce. Wie üblich, ist alles günstig und hausgemacht; das Glas losen Weines kostet gerade mal einen Euro.
Als wir fertig sind, sehen wir die ultralange Schlange an der Essensausgabe und sind froh, so früh gekommen zu sein. Aber wie immer, hört man kaum klagen und jammern; es wird sich sogar sehr diszipliniert angestellt und gewartet, bis man dran ist.
Wir nutzen die Zeit vor dem musikalischen Abendprogramm, um uns das Innere der Villa Salvati anzuschauen. Die ist nämlich zum Fest öffentlich zugänglich und lässt uns nur noch staunen:
Das prächtige Gutsherrenhaus, zwischen 1805 und 1820, also in der napoleonischen Zeit, vom Industriellen Serafino Salvati in Auftrag gegeben, wurde vom Architekten Giuseppe Camorese erbaut. Der war einer der wichtigsten Architekten des Neoklassizismus in Italien.
1923 zog eine praktische Landwirtschaftsschule in das Gebäude ein und es wurde 1960 zum Sitz eines Berufsinstituts für Landwirtschaft. 2018/2019 übernahm das renommierte und moderne „Higher Education Institute Cuppari Salvati“ die Räumlichkeiten. Das Institut, das in Jesi angesiedelt war, gab es schon seit 1860 in wechselnden Räumlichkeiten. 1898 und 1900 nahmen sie an den Weltausstellungen in Turin und Paris teil. Sie hatten in den 1970er Jahren bereits über 1100 Studenten, auch aus dem Ausland. Seit 2019 residieren sie nun also mit einer Niederlassung in der Villa Salvati, die in einer Stiftung verwaltet wird. Hilfreich ist für die Studenten natürlich auch der Park und der Nutzgarten der Villa, in denen das Gelernte praktisch angewendet werden kann.
Wir betreten also die Villa und kommen aus dem Staunen nicht heraus: Im Erdgeschoss treten wir in ein geräumiges Atrium ein, von dem stuckverzierte Treppenhäuser in die oberen Etagen führen. Wir sehen Tonnengewölbe und flache Kuppeln mit floralen Verzierungen, korinthische Säulen mit vergoldeten Kapitälen, Trompe d’oeil Malereien (Malereien, die das Auge täuschen) und Fresken mit klassischen Motiven. Es ist unglaublich reich verziert und gleichzeitig sehr erhaben.
Neben der Villa steht übrigens die Familienkapelle, die wir aber nicht besichtigen konnten. Hier ist der Gründer der Villa, Serafino Salvati, beigesetzt.
Als wir die Villa wieder verlassen, ist es draußen dunkel geworden und alles festlich beleuchtet. Zeit, sich ein wenig von Musik berieseln zu lassen. Die Plätze um die Bühne sind alle schon besetzt, aber wir finden noch ein paar Stühle, um Andrea Bonifazi zu lauschen.
Auf dem Weg nach Hause flanieren wir noch an den Verkaufsständen vorbei und blicken nochmal auf das schöne Festareal zurück.
Wenn Ihr die Gelegenheit habt, besucht das Dreschfest in Monte Roberto, Ortsteil Vallesina, vom 11. bis 14. Juli! Neben Fest, Vorführungen und Musik ist vor allem die Villa sehr sehenswert, denn die ist sonst nicht für Publikum geöffnet.
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