Ecco Le Marche

Auf der Rückfahrt vom Adriaort Cesenatico machten wir Halt im kleinen, zauberhaften Borgo Sant’Angelo in Vado. Der knapp unter 4000 Einwohnern zählende Ort liegt in der Provinz Pesaro-Urbino im Nordwesten unserer schönen Region Marken.

Geschichte von Sant’Angelo in Vado.

Etwa um 100 v. Chr. existierte hier eine römische Siedlung, die Tiphernum Mataurense hieß. Sie war benannt nach Tipher, einer schilfartigen Pflanze, die in feuchten, sumpfigen Gebieten wächst. Mataurense bezog sich auf den Fluss Metauro, der durch Sant’Angelo in Vado führt. Im 6. Jahrhundert n. Chr. wurde die Siedlung während der gotischen Kriege vollständig zerstört. Ab dem 7. Jahrhundert bauten die Langobarden auf den Ruinen den Ort Sant’Angelo in Vado und widmeten ihn dem Erzengel Michael (Sant’Angelo = der heilige Engel). Im 13./14. Jahrhundert florierte das Städtchen und wurde zeitweise sogar Bischofssitz.

Sant’Angelo in Vado ist bekannt für seine wertvollen weißen Trüffel und so sollte an mehreren Wochenenden im Oktober und Anfang November eine Trüffelausstellung stattfinden. Das klang vielversprechend!

Domus del Mito – bedeutende Ausgrabung römischer Mosaike.

Aber bevor wir uns dem Trüffel-Vergnügen hingaben, wollten wir noch bei Tageslicht die römischen Mosaike des Casa del Mito (Haus des Mythos) im Ort besichtigen. Die bedeutenden Funde wurden erst Ende der 1990er systematisch sondiert, wobei man feststellte, dass es sich dabei unter anderem um ein großes und gut erhaltenes Patrizierhaus von circa 1000 m² Grundfläche handelte. Seit nicht einmal 15 Jahren sind die Ausgrabungen schließlich für die Öffentlichkeit zugänglich.

Doch es sollte für uns mit dem Tageslicht anders kommen, und Schuld war natürlich mal wieder unsere Verfressenheit:

Auf dem Areal der Ausgrabungen befand sich ein Stand der lokalen Winzer. Freundlich wurden wir zur kostenlosen Verkostung von Wein sowie leckeren Bruschette mit Trüffel eingeladen. Wer sagt da schon „nein“?

Danach spurteten wir aber zur Ausgrabung hinüber, die anlässlich des Trüffelfestes geöffnet war, und konnten die wunderbar erhaltenen, großflächigen und teils mehrfarbigen Mosaike der ehemaligen römischen Villa gerade so noch erkennen. Es wurde von den Archäologen „Domus del Mito„, also Haus der Mythen, genannt, weil viele Mosaike mythische Motive darstellten.

Die Legende von Mennenio, Nicia und dem Domus del Mito.

Dazu gab es eine wunderbare Legende: Der junge Patriziersohn Mennenio, ein Mann mit mediterranem Teint, verliebte sich in Nicia, eine Frau keltischer Abstammung mit blauen Augen und blondem Haar. Spätestens seit Asterix wissen wir ja, dass Römer und Kelten erbittert gegeneinander kämpften. Menneios‘ Vater verstieß daher seinen Sohn und verbannte ihn auf ein kleines Stück braches Land. Die reine Liebe der beiden rührte aber die Götter und sie bauten den beiden über Nacht auf dieser Parzelle das atemberaubende und reich verzierte Domus del Mito und schenkten es den Liebenden.

Die Mosaike.

So gab es eine Darstellung von Neptun auf einem von Seepferdchen gezogenen und von Delfinen begleiteten Streitwagen. Auf anderen Mosaiken erblickt man Dionysos mit einem Kranz aus Weinlaub oder Medusa mit ihrem Schlangenhaupt. Die Besitzer des Hauses mussten wohlhabende, gebildete Leute gewesen sein.

Im größten Raum fand sich ein geometrisches Mosaik mit einigen figürlichen Darstellungen dazwischen: am oberen Rand eine Jagdszene, in der Mitte ein Kampf verschiedener Meerestiere untereinander (Krake, Hummer, Muräne) – und in einem Kreis unten – eine Figur, die eine Trüffel in der Hand hielt!

Mosaik im größten Raum
Ausschnitt: Person mit Trüffel in der Hand

Wenn das kein Fingerzeig war, dass wir uns langsam wieder Richtung Innenstadt bewegen sollten, um nach dem Trüffelfest zu sehen!

Das Trüffelfest von Sant’Angelo in Vado.

Das Trüffelfest war etwas enttäuschend, denn es gab zwar übliche Verkaufsstände mit allerlei Waren, nur die größeren Buden der Trüffelhändler waren scheinbar noch nicht geöffnet oder bereits wieder geschlossen. Ich las, dass dieses Fest ursprünglich dazu diente, dass die Trüffelsucher (Tartufai) das erste Geld im Jahr, das sie mit den gefundenen weißen Trüffeln verdient hatten, ausgeben konnten. Denn die Weiße-Trüffel-Saison ist ja im Herbst/Winter. Nach und nach wandelte es sich in ein Fest, das den weißen Trüffeln selber gewidmet war. Nur waren wir auch hier am Sonntagabend scheinbar zu spät.

Aber selbstverständlich boten die Restaurants in der Stadt anlässlich des Festes spezielle Trüffelgerichte an: ausgesprochen günstige mit dem einfacheren schwarzen Trüffel und natürlich auch die weissen Trüffel.

Wir ließen es uns schmecken und flanierten dann ein wenig durch die Altstadtgässchen, die uns sehr gut gefielen: Torbögen und kleine Plätze und Winkel. Alles Fußgängerzone. Auffallend: Bogen wir in eine Seitenstraße ein, wurde es unmittelbar still und man spürte die mittelalterliche Atmosphäre. An einigen Gebäuden waren Kunstobjekte angebracht.

Zurück auf dem Corso Garibaldi hörten wir vor einer Kneipe großes Palaver und Geschrei. Beim Näherkommen entpuppte es sich als eine Gruppe Männer, die La Morra spielten – siehe dazu unseren früheren Artikel.

Auf dem Rückweg zum Auto fiel uns noch ein Museum mit alten Motorrädern auf, das aber nachts natürlich geschlossen hatte: Es handelte sich um das Museum des marchigianischen Zweiradherstellers Benelli, der Mofas, Mopeds und Motorräder herstellt. Die Firma gehört seit 2005 allerdings zu einem chinesischen Unternehmen.

Nützliche Informationen zum Trüffelfest Sant’Angelo in Vado

Es findet üblicherweise an 3 Wochenenden im Oktober statt, sowie am 1. Sonntag im November, wo es eine Trüffel-Verkaufsmesse gibt.

Zum Programm während dieser Tage gehören Exkursionen mit einem Trüffelsucher, Motorrad-Ausfahrten, Kochshows, Aktionen für Kinder und Konzerte. Wir waren leider erst Sonntagabend vor Ort und verpassten all die Hauptattraktionen der vorangegangenen Tage.

Nützliche Informationen zu den Mosaiken:

Während der Trüffeltage ist der Zugang zu den Mosaiken geöffnet. Ansonsten kann man es morgens und abends besichtigen, an allen Tagen außer montags. Man sollte sich aber vorher per email, webform oder Telefon über das Toursimusbüro anmelden: Webseite des Toursimusbüros.

Und wie schade, dass meine Fotos der Mosaike etwas dunkel ausgefallen sind – Ihr müsstet sie eigentlich live sehen!

Zum Trost hier noch einige Abbildungen, die ich dankenswerterweise bei Wikimedia-Commons gefunden habe und die technisch deutlich besser als meine sind:

Credits:

Fotos von Diego Baglieri, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons:


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