Ecco Le Marche

Die meisten Italiener kennen Recanati als den Geburtsort ihres berühmten Dichters Leopardi, dem wir bereits einen Artikel gewidmet haben.

Recanati ist aber auch der Geburtsort des berühmten Tenors Beniamino Gigli, dessen Geburtshaus in ein Museum umgewandelt wurde. Außerdem gibt es hier mehrere interessante Museen, von denen Isabelle zunächst das Auswanderungsmuseum besuchte. Dazu parkte sie auf dem Parkplatz des Campo Boario, wo es günstig ist und wo es zudem einen Aufzug gibt, mit dem man zum oberen Teil des Stadtzentrums gelangt.

Recanati – das Museum der Emigration.

Das Museo dell’Emigrazione Marchigiana (MEMA), auf Deutsch Museum der Marchigianischen Auswanderung, befindet sich in der Cantina (Keller) der historischen Villa Colloredo Mels. Die beeindruckende Villa hat mittelalterliche Ursprünge, mit einer Haupttreppe aus dem 16. Jahrhundert und Deckengemälden aus dem 18. Jahrhundert. Erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Adelsfamilie Colloredo Mels aus Friaul Eigentümerin.

Heute beherbergt die Villa das Museo Civico (Stadtmuseum) mit dem Archäologie- und Geschichtsmuseum von Recanati im Erdgeschoss. Das Obergeschoss ist Leopardi gewidmet sowie der Malerei des Mittelalters und der Renaissance mit Lorenzo Lotto als Protagonisten.

Über Lorenzo Lotto müssen wir übrigens unbedingt auch noch schreiben!

2013 wurde in der Cantina jedenfalls ein multimediales Museum eingerichtet, das an mehr als 700 000 Marchigianer erinnert, die Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ihre Heimat verließen, um anderswo ihr Glück zu suchen. Anhand von Touchscreens und Filmen erfährt man vieles über diese Auswanderungen.

Habt Ihr vielleicht marokkanische Vorfahren oder argentinische, die einst aus Italien ausgewandert sind? Über einen Bildschirm könnt Ihr aktiv suchen, ob sie irgendwo registriert wurden …

Warum auswandern?

Zunächst erfuhr Isabelle im Museum, dass die Auswanderung aus den Marken etwas später einsetzte als im übrigen Italien. Anfang 1900 stand die Region jedoch bereits an zweiter Stelle bei der Zahl derjenigen Italiener, die nach Venetien auswanderten. Starke Steuererhöhungen und Missernten waren die Hauptgründe.

Die Vorbereitungen.

Es gab bereits damals Auswanderungsagenten, die von Dorf zu Dorf zogen, um Auswanderwillige mit allen möglichen falschen Versprechungen von Reichtum und Wohlstand anzuwerben. Sie erledigten für sie den Papierkram, denn vor allem die Armen waren oft Analphabeten. Die Auswanderer brachen daraufhin oft nur mit einem Koffer auf, denn das war alles, was sie besaßen. Die Reisekosten waren sehr hoch und oft wurden die gesamten Ersparnisse der Familie dafür ausgegeben.

Wohin emigrierten sie und wie?

Isabelle stieg eine Treppe hinunter in die nächsten Räume des Museums: Hier gab es eine symbolische Darstellung der Reise ins Ungewisse. Ungewiss, weil die meisten ihr Heimatdorf bis dato noch nie verlassen und oft noch nicht einmal das Meer gesehen hatten!

Zunächst war Argentinien das Hauptziel, gefolgt von den USA. Die Auswanderung nach Europa war hingegen oft nicht auf Dauer angelegt. Oft ging dabei nur der Ernährer vorübergehend ins Ausland.
Um den amerikanischen Kontinent zu erreichen, reisten die Menschen mit dem Schiff von Genua oder Neapel aus, während sie in die nordeuropäischen Länder mit der Eisenbahn fuhren.

Der Erste Weltkrieg unterbrach die Migrationswelle für kurze Zeit, denn zumindest die Männer durften in dieser Zeit nicht auswandern. Sie mussten kämpfen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen zusätzlich noch Australien und Neuseeland als Auswanderungsländer infrage.

Isabelle erblickte eine Videoprojektion und fand sie ganz spannend: Sie zeigte einen Zug, bei dem ab und zu Auswanderer am Fenster erschienen und ihre Geschichte erzählten. Hier ein kleiner Ausschnitt:

Welche Arbeit verrichteten die Menschen in der Fremde?

Bauern wanderten häufig aus und betätigten sich in der Fremde ebenfalls in der Landwirtschaft. Aber viele arbeiteten auch in Fabriken und die nach Nordeuropa gezogenen schufteten vor allem in Bergwerken.


Die ausgewanderten Bergleute haben im Museum eine eigene Abteilung bekommen, denn am 8. August 1956 ereignete sich in Marcinelles in Belgien ein schreckliches Grubenunglück. Dabei kamen 262 Bergleute ums Leben, darunter 136 Italiener, von denen 12 aus den Marken stammten.

Der damalige Vertrag zwischen Belgien und Italien lautete: billige Kohle für Italien im Tausch gegen italienische Bergleute. Aber nach dieser Katastrophe schickte Italien keine Bergleute mehr nach Belgien.

Frauen, die auswanderten.

Zwischen 1900 und 1915 wanderten viele alleinstehende Frauen ins Ausland aus, vor allem in die Fabriken Südfrankreichs und in die Strohindustrie Istriens und Dalmatiens. Dabei verloren Frauen, die schwanger wurden, ihre Arbeit – so grausam war das Auswanderinnen-Schicksal. Oft wurden sie auch Hausangestellte in reichen Familien.

Auswanderung der Reichen.

Auch die Wohlhabenden versuchten ihr Glück woanders, manche wurden reicher, andere kehrten mittellos zurück (oder kamen nie wieder).

Isabelles Fazit nach dem Besuch des Auswanderermuseums? Sie fand es sehr interessant, um die Migranten von heute besser zu verstehen. Denn eigentlich hat sich nichts geändert, die Gründe für die Auswanderung der heutigen Migranten sind immer noch die gleichen geblieben.

Recanatis Emigrationsmuseum – Tipps:

Die Öffnungszeiten sind wie folgt:

  • vom 9/9-6/7: von Dienstag bis Sonntag: 10:00 – 13:00 | 15:00 – 18:00
  • vom 7/7-8/9: täglich: 10:00 – 13:00 | 15:00 – 19:00

Die Kasse schließt jeweils eine halbe Stunde vor Ende!

Preise, Stand 2024 (gültig für alle Museen der Villa):

  • ab 14 Jahren: 7,50
  • FAI-Mitglieder und Lehrer: 5
  • Freier Eintritt: Kinder unter 13 Jahren, ICOM-Mitglieder, Journalisten mit Presseausweis, Fremdenführer mit Fremdenführerausweis, Behinderte mit Begleitperson, Einwohner von Recanati.

Es gibt Kombitickets mit anderen Museen in Recanati und/oder Macerata. Dafür am besten in die Website von Recanati schauen.


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