Ecco Le Marche

 

Im September, während sich die Landschaft um den Ort Cupramontana mit der tiefer stehenden Sonne langsam golden färbt, fängt die Vendemmia – die Traubenlese – an. Die Trauben für den berühmtesten Wein der Marken, den Verdicchio, der auch italienweit sehr geschätzt wird, werden geerntet. Und das berühmteste Weinfest der Marken und gleichzeitig das zweitälteste Weinfest ganz Italiens – die „Sagra dell’Uva“ von Cupramontana – findet am Ende der Weinlese statt, immer am ersten Sonntag im Oktober inklusive der 3 vorausgehenden Tage.

Zwei bis drei Wochen vor dem Fest fangen die Gruppen und Vereine an, die Buden und Stände für das Fest aufzubauen. Manche werden von den lokalen Winzern betrieben, andere von Vereinen, wie dem Baseball Club, dem Fußballverein oder dem Folkloreclub Massaccio. Wir fahren in diesen Tagen gerne in den Ort, um mitzuverfolgen, wie die liebevoll gestalteten Buden täglich mehr Form annehmen. Zum Fest wird das Zentrum von Cupramontana für den Verkehr gesperrt – und füllt sich mit Feiernden. Um die 20000 Besucher zählt das Fest über die 4 Tage. Dabei zählt ganz Cupramontana mit Umland nur knapp 5000 Einwohner!

 

Die erste Auflage des Weinfestes datiert ins Jahr 1928 zurück, aber es ist weit davon entfernt, „muffig“ zu wirken: dank des sehr vielfältigen Programms trifft man alle Altersgruppen an und Freitags und Samstags sieht man mehr jüngere als alte Leute. Es kommen Busse aus der Umgebung und die Leute reisen aus ganz Italien an, um teilzunehmen. Mein Kollege aus Genua kannte Cupramontana wegen des Weinfestes!

Aber fangen wir von vorne an:

Am Donnerstag abend eröffnet der Bürgermeister des Ortes das Fest, indem er eine meterlange Salami oder einen meterlangen traditionellen Kuchen aufschneidet und verteilt. Dann werden die „Verdichio Fontänen“ geöffnet – in einem Jahr hieß das, es wurde lokaler Sekt verteilt; letztes Jahr wurde ein Schlauch aus dem Bürgermeisterbüro herabgelassen und daraus Wein an alle verteilt. Es gibt artistische und künstlerische Einlagen, wie Wasserspiele oder Lichtspektakel. Die Wein- und Essensstände eröffnen und bieten bestes Essen der Region: Gnocchi und Tagliatelle mit Enten- oder Wildschweinsauce, Fenchelwürstchen (Salsicce), Kaninchen mit wildem Fenchel (Coniglio in Porchetta), gefüllte Brotfläden (Crescia) und sogar Fisch- und Meeresfrüchte. Dabei fließt der Verdicchio Wein in Strömen – die Winzer halten ihre besten Weine feil. Man kann die Weine auch auf der Piazzetta oder der örtlichen Enothek probieren. Viele kaufen aber auch den günstigen offenen Verdichio, der wie Wasser in Plastikflaschen abgefüllt wird und bei dem der Liter nur ein paar Euro kostet. Zum Abschluss des Abends spielen typische italienische Bands auf.

Freitag, Samstag und Sonntag spielen auf 2 großen Bühnen im Ort bekannte, nationale Künstler auf, die für viel Zulauf sorgen. Darunter topaktuelle Gruppen aus den

italienische Charts, aber auch solche, die schon viele Jahre große Bekanntheit erfahren – so gab es Irene Grandi, Mannarino oder letztes Jahr Nomadi. Jetzt sind die Essenstände am Rande ihrer Auslastung und es bilden sich Schlangen bei Essens- und Weinausgabe. Auf kleineren Bühnen oder an den Straßenecken spielen lokale Gruppen, teils mit selbstgefertigten Instrumenten. Der ganze Ort birst vor Besuchern – und feiert fröhlich! Die Abende werden lang – die top-acts spielen oftmals erst um 23:00 auf und das Fest geht dann bis 4 Uhr früh um am nächsten Tag weiter zu gehen.

 

 

Samstags nachmittags treten die umliegenden Ortschaften zum Pigiatura Wettbewerb an – Gewinner ist das Team, das am schnellsten Trauben mit den Füßen zertreten, sprich keltern, kann.

 

 

Sonntag gibt es einen weiteren Höhepunkt, für den die Jugendlichen des Ortes wochenlang gearbeitet haben: Jedes Stadtviertel (nicht so ernst nehmen mit den Vierteln, denn es gibt davon 5!) baut einen großen Festwagen sehr ähnlich unseren Karnevalswagen. Dabei nehmen sie aktuelle Themen aus Politik und Gesellschaft auf, und setzen diese zum Thema „Trauben“ um. Die Wagen werden von Traktoren gezogen und die Jugendgruppen führen darauf kleine Sketche auf, tanzen zu den Beats ihrer Musik und jubeln dem Publikum zu – vorsichtig gesagt: nicht immer ganz nüchtern.


Das Fest schließt mit einem Feuerwerk und Cupramontana beendet 4 Tage Verrücktheit und wochenlange Vorbereitungen und geht wieder zum normalen Leben über. Nicht selten werden schwierige Entscheidungen und Aktionen mit „das machen wir nach der Festa“ vertagt, stellt die Festa (oder Sagra, beides kann man sagen) doch einen der Höhepunkte im Jahr in Cupramontana dar.

Wer Wein mag und eine wirklich tolle Feststimmung erleben will, dazu gerne lecker ißt und viel live Musik liebt, der sollte sich die Sagra dell’Uva vormerken! Und wer keinen Wein mag, macht es wie einer unserer Bekannten, der jedes Jahr zur Sagra aus Deutschland angereist kommt: es gibt nämlich auch Bier an einigen der Stände!


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