Ruhige See oder tosende Wellen? Die Benediktinermönche kümmerten sich herzlich wenig um das Wetter, wenn sie ohne Furcht ihre Kirche Santa Maria für die täglichen Gebete besuchten. Seit 1034 schon prangt das aus dem schneeweißen Stein des Monte Conero erbaute, romanische Gotteshaus, auf einer Erhebung an der adriatischen Küste und hebt sich leuchtend vom azurblauen Himmel ab.
In den ersten Jahren nach seiner Entstehung fand hier sogar San Gaudenzio, einst Bischof in Kroatien, seinen letzten Wohnsitz. Auch der berühmte Heilige Petrus Damiani lebte hier eine zeitlang, was sogar fand in Dantes Göttlicher Komödie Erwähnung fand:
„In quel loco fu‘ io Pier Damiano
( Canto XXI vv. 120-123)
e Pietro Peccator fu‘ ne la casa
di Nostra Donna in sul lito adriano.“
„Dort ward ich Peter Damian genannt,
( XXI Gesang, Ausgabe dtv Klassik, 1. Auflage Juli 1978)
Der Sünder Peter aber in den Zimmern
Der Lieben Fraue an der Adria Strand.“
Dennoch verließen die Benediktiner 1320 ihre Klausur, die ständig von Erdrutschen und Erdbeben bedroht war. Nur wenige Eremiten blieben zurück. 1558 brannten die Sarazenen die verbliebenen Abteigebäude nieder, aber die Kirche blieb stehen und überstand die folgenden turbulenten Jahre: Im 19. Jahrhundert, während der napoleonischen Zeit und der Zeit nach der Vereinigung Italiens, diente sie als Lagerhaus, Schafstall und Holzlagerplatz. Bis zum Jahre 1894, als der Architekt Giuseppe Sacconi mit der ersten Restaurierung der Kirche begann.
Im Jahr 1936 wurde die erste Messe wieder gefeiert, zu der die Familie des Marquis Fumasoni Biondi aus Rom eine Ikone des russischen Künstlers Gregorio Maltzeff als Altarbild stiftete. Der russische Regisseur Andrey Arsenevic Tarkovsky traute seinen Augen nicht, als er 1980 diese wertvolle russische Ikone an einem so abgelegenen Ort entdeckte.
Kürzlich erfuhr Mit-Bloggerin Isabelle, dass die Abtei im Februar jeden Mittwoch- und Freitagmorgen ihre Türen öffnet. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen: Zusammen mit ihrem Mann Erik fuhren sie umgehend nach Portonovo, denn es war gefühlte Ewigkeiten her, dass sie zuletzt dort waren.
Das Parken in der Nebensaison war jetzt in Portonovo kostenlos, aber im Sommer, von Mai bis September, sind die Parkplätze bezahlpflichtig.
An der Kirche angekommen, waren sie wieder mal von der einfachen und friedlichen Konstruktion beeindruckt; ein perfektes Beispiel für romanische Architektur, sowohl innen als auch außen.
Tatsächlich war auch innen die einzige Dekoration eben jene russische Ikone, die das frühere Altarbild ersetzte.
Das originale Altarbild wurde einmal von einem Bauern im Wald in sehr schlechtem Zustand gefunden und ist heute übrigens in der Kirche von Santo Biagio in Poggio, einem Dorf in der Nähe, ausgestellt.
Direkt am Eingang von Santa Maria di Portonovo verweist ein Stein beim Durchgang der Abtei auf die Verse von Dante!
Nach der Besichtigung kann man von der Abtei aus direkt zum Strand mit seinen Bars und Restaurants gehen
In der Bucht gibt es kein eigentliches Dorf, denn die ehemalige römische Fischersiedlung existiert seit Jahrhunderten nicht mehr. Aber ein einzelnes Bauwerk fällt sofort auf: das schicke Hotel/Restaurant Il Fortino Napoleonico, einst im Auftrag des französischen Vizekönigs Eugène de Beauharnais als napoleonische Festung errichtet. Es ist ein Zeugnis der französischen Militärarchitektur, die zum Schutz dieses Küstenstücks und des Landesinneren entstand.
Ein Stück weiter zieht ein Turm unsere Aufmerksamkeit auf sich, der Torre Clementina oder Torre Bosis genannt wird. Der Wachturm wurde 1717 fertiggestellt und nach dem Erbauer Papst Clemens XI. (Papst aus dem marchigianischen Urbino) benannt. Heute wird aber auch der Name De Bosis verwendet, der sich auf den Dichter Adolfo de Bosis bezieht, der den Turm im 19. Jahrhundert mietete. Seine Nachkommen sind noch heute die Besitzer des Bauwerkes. Vor Jahren besuchte Isabelle den Turm während eines Tages des offenen Denkmals. Die Baronin führte sie durch den ganzen Turm, einschließlich der Schlafzimmer mit herrlichem Meerblick.
Portonovo ist Teil des regionalen Naturparks Monte Conero, in dem es sich auch sehr schön wandern lässt. Und derzeit gibt es Bemühungen, die Bucht mit ihrem glasklaren Wasser als geschützte marine Zone zu erklären.
Der Strand besteht aus feinen Kieselsteinen bis hin zu felsigeren Formationen und bietet sowohl Abschnitte, wo es gegen Bezahlung Liegen und Sonnenschirme gibt, als auch freie Strandabschnitte für jeden.
Es ist überdies ein wundervoller Ort für spektakuläre Sonnenaufgänge mit fantastischem Blick auf die Abtei und den Turm.
Besonders romantisch ist es dann, wenn man bis zur Vela geht, einem vorspringenden Felsen in Form eines Segels.
Es gibt auch einen Kanuverleih, um die Bucht von der Meerseite her zu erkunden:
In der Bucht von Portonovo gibt es auch 2 kleine Seen mit Brackwasser: Den Lago Profondo und Den Lago Grande von Calcagno, beide ideal für die Vogelbeobachtung. Es sind allerdings keine Badeseen, denn die Legende besagt, dass beide Seen unterirdisch mit dem Meer verbunden sind. Jeder, der dort Baden geht, wird sofort in diese Kanäle gesaugt und kann nicht mehr heraus…
Und wir wären nicht in der Region Marken, wenn es an solch einem Ort nicht auch tolle Restaurants gäbe: Vom einfachen Fischrestaurant bis zur anspruchsvolleren Sushi-Bar Il Clandestino des Starkochs Moreno Cedroni findet sich hier für alle kulinarischen Geschmäcker etwas, ohne dass die durchweg flachen Gebäude die Schönheit der Bucht zerstören würden.
Wer noch nicht die Gelegenheit hatte, sollte unbedingt die Moscioli probieren, die kleinen, aber schmackhaften Muscheln von Portonovo, die nicht gezüchtet, sondern gefischt werden.
Man kann sie in der Bucht direkt bei der Kooperative der Muschelfischer kaufen und sie zu Hause zubereiten, oder aber in einem der Restaurants vor Ort bestellen. Zum Beispiel im ältesten Restaurant am Platz, dem „Da Emilia“, wo einst der Senior-Patron meiner Mutter und meiner Schwiegermutter wärmende Decken um die Schulter legte, ihnen eine wunderschöne Blume auf den Tisch stellte und sie mit den Worten „Ihr seid die Meerjungfrauen der Bucht von Portonovo“ anschmachtete.
Alternativ kann ich „Da Giacchetti“ empfehlen, leckeres Essen, eventuell mit Austern, und zum Abschluss einen Caffè, der vom stolzen Besitzer mit einer alten Hebel-Espressomaschine zubereitet wird. Auch hier sitzt man entweder draußen direkt am Strand oder drinnen mit wunderbarem Blick aufs Wasser.
Also, wie wäre es damit: Früh am Morgen den Sonnenaufgang bewundern, dann etwas Kultur zum Schnuppern und zum verdienten Mittagessen ins Clandestino. Nachmittags ein Spaziergang am Strand oder eine Kanutour und schließlich etwas Sonnenbaden. Und zum Sonnenuntergang ein Candlelight-Dinner in einem der Fischrestaurants …
Na, ist das ein Plan für einen ausfüllenden Tag am Meer?
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