Ecco Le Marche

Wer kennt nicht die berühmte toskanische Stadt San Gimignano mit ihren vielen Türmen. Aber auch die Marken haben ihre Turm-Stadt, nämlich Ascoli Piceno. Sie ist weniger bekannt als ihr toskanisches Pendant, dabei besaß sie im 13. Jahrhundert sogar 200 Türme, während San Gimignano höchstens 72 davon hatte!

Heute sind es 16 verbliebene, sowohl in San Gimignano als auch in Ascoli Piceno, wovon einige als Ziviltürme genutzt werden und andere in Kirchtürme umgewandelt wurden.

Was macht Ascoli noch besonders? Die Stadt wurde vollständig aus Travertin, einem Material, das in den nahegelegenen Steinbrüchen abgebaut wurde, erbaut. Dadurch sticht die weiße Farbe der historischen Gebäude besonders hervor!

Vorgeschichte und Römerzeit von Ascoli Piceno

Das Gebiet um Ascoli war bereits in der Steinzeit besiedelt, hauptsächlich von Picenern. Dieses Volk stammte von den Sabinern ab. Wurde ein Sabiner-Stamm zu groß, dann wurden junge Leute fortgeschickt, um sich woanders niederzulassen. Dabei ließen sie sich oft von einem Tier leiten, zum Beispiel von einem Stier. Dort, wo sich das Tier niederließ, gründeten sie einen neuen Ort.

Die Picener waren einst eine solche Gruppe, die sich den Erzählungen nach von einem heiligen Specht leiten ließ. Daher der Name Picener, vom lateinischen Picum, im Italienischen Picchio genannt. Der Ort, wo sie sich niederließen, ist das heutige Ascoli Piceno.

Bis zum 3. Jahrhundert v. Chr. waren die Picener mit den Römern verbündet, bis sie sich 91 v. Chr. auflehnten, um am Ende vollständig von den Römern beherrscht zu werden. Im Jahre 88 v. Chr. erhielt ihr Ort schließlich den offiziellen römischen Titel Municipium (das war bei den Römern eine Stadt).

Im Jahre 49 v. Chr. wurde die Stadt Asculum Picenum genannt. Asculum leitet sich, so einige Theorien, vom Namen des griechischen Feldherren Aesis ab, der die Adriaküste besuchte.

In der Römerzeit war Ascoli Piceno ein wichtiger Ort, da hier die Via Salaria verlief, die Strasse von der Adriaküste nach Rom, auf der das damals so wichtige Salz transportiert wurde, mit dem man unter anderem Lebensmittel haltbar machen konnte.

Isabelle und Erik besuchen Ascoli Piceno

Blogger-Kollegin Isabelle hat Ascoli Piceno mit ihrem Mann Erik schon 2019 einen ausgedehnten Besuch abgestattet. Hier ist ihr Reisebericht mit aktualisierten Angaben zu Restaurants etc.:

Wir parkten entlang der Viale Treviri auf der Westseite der Stadt in der Nähe der Porta Romana. Alternativ kann man auch ganz gut in der Nähe des Stadions oder des Bahnhofes parken, von wo aus werktags jeweils ein kostenloser Shuttlebus ins Zentrum fährt.

9 Uhr: Frühstück in der Latteria Marini.

Wir betraten Ascoli durch die Porta Romana und folgten der Via Dino Angeli bis zur Piazza Roma. Hier entdeckten wir die alte Molkerei Latteria Marini, wo wir herrliche Brioche (so wird in den Marken das Croissant/Cornetto/Hörnchen genannt) mit Cappuccino frühstückten!

Es war noch Februar und daher trotz des strahlenden Sonnenscheins zu kalt, um draußen zu sitzen. Das nächste Mal werden die Maritozzi probiert, nahmen wir uns vor!

10 Uhr: Piazza Arringo.

Nach dem leckeren Frühstück waren wir bester Dinge und gingen direkt zu einem der beiden Hauptplätze der Stadt: Piazza Arringo.

Seit dem 12. Jahrhundert versammelten sich hier unter einer großen Ulme die Entscheidungsträger, die arringhi oder arenghe oder arrenghi genannt wurden. Daher der Name des Platzes. Zwischen dem 13. und dem 19. Jahrhundert gesellten sich nach und nach immer mehr wichtige Gebäude dazu: der Palazzo Panici mit dem archäologischen Museum, der Bischofspalast mit Diözesanmuseum, das Baptisterium und der Dom Sant’Emidio.

Weil das Wetter so herrlich war, entschieden wir uns, nur die Kathedrale von innen zu besichtigen. Das Gebäude datiert auf das 5. Jahrhundert n. Chr. und wurde auf den Überresten eines römischen Tempels und einer römischen Basilika errichtet. Wahrscheinlich stand an diesem Fleck vorher das Forum Romanum. Im 11. Jahrhundert kam die Krypta zu Ehren des Hl. Emidius hinzu. Von da an hieß die Kirche nicht mehr Marienkirche, sondern Sant’Emidiuskirche.

Der Hl. Emidius wurde übrigens vermutlich im 3. Jahrhundert in Trier in der Eifel geboren, bekannte sich zum Christentum und reiste nach Italien. In Mailand erhielt er die Priester- und Bischofsweihe und wurde schließlich vom Papst Marcellinus als erster Bischof nach Ascoli Piceno entsandt. Im Jahre 304 n. Chr. erlitt er unter Diokletian den Märtyrertod. Er gilt heute als Schutzpatron gegen Erdbeben.

Im 16. Jahrhundert gestaltete der Architekt Cola dell’Amatrice die Fassade der Kathedrale neu. 1838 wurde schließlich die Kapelle des Allerheiligsten Sakraments eingeweiht.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Krypta mit Mosaiken nach Zeichnungen von Pietro Gaudenzi ausgestattet.

In einer Seitenkapelle der Kathedrale entdeckten wir schließich ein silbernes Reliquiar des Arms des Hl. Emidius.

Kuppel und Decke von Sant’Emidius sind mit Fresken des Künstlers Mariani aus dem 19. Jahrhundert wunderschön bemalt, aber an unserem Besuchstag gab es leider keine Beleuchtung. Außerdem waren sie teils von Tüchern verdeckt, die die Besucher nach dem Erdbeben von 2016 vor herunterfallenden Steinen schützen sollten (was inzwischen sicher behoben wurde).

Ebenfalls in der Sakramentskapelle: das Polyptychon des venezianischen Künstlers Carlo Crivelli aus dem Jahre 1472. Es stellt Maria mit dem Jesuskind dar, seitlich flankiert von Aposteln und Heiligen.

Darunter befindet sich ein Silberaltar aus dem 14. bis 15. Jahrhundert, der aus 24 Quadraten mit Darstellungen aus dem Neuen Testament besteht.

11.30 Uhr: Pause im berühmten Caffè Meletti.

Dazu gingen wir zu einem der vielleicht schönsten Plätze ganz Italiens: der Piazza del Popolo!

In römischer Zeit war hier wohl ein wichtiger Markt- und Handelsplatz. Spätestens ab dem 15. Jahrhundert erhielt er seine heutige rechteckige Form, und der mittelalterlichen Platz mit seinen alten Häusern verschwand. In der Folge bot sich genug Raum für die Renaissancegebäude aus dem 16. Jahrhundert: die Portici oder Arkaden und vor allem der Palazzo dei Capitani del Popolo.

Der Palazzo dei Capitani stammt noch aus dem 13. und 14. Jahrhundert, aber die heutige Ansicht ist aus dem 16. Jahrhundert. 1855 wurde er Staatseigentum und beherbergt heute den Kulturrat und die Sitzungen des Stadtrats. Die Statue zeigt Papst Paul III., einen Papst aus dem 16. Jahrhundert.

Wir kehrten in Italiens berühmtes Caffè Meletti ein und bestellten wegen der Kälte nur 2 Caffè. Man kann dort aber auch einen Apertif mit kleinen Snacks zu sich nehmen. In jedem Fall lohnt sich ein Besuch: Das Caffè, das im 19. Jahrhundert noch ein Postamt beherbergte, wurde 1907 als Caffè im Jugendstil eröffnet.

Silvio Meletti, ein Likörhersteller, der vor allem für seinen Anislikör berühmt war, kaufte das Gebäude 1903 bei einer Versteigerung. Seine Erben betrieben es noch bis 1990 und dann stand es lange leer, bis es die Sparkasse von Ascoli erwarb. Nach Restaurierungsarbeiten wurde es an die Gemeinde übergeben und 1998 wiedereröffnet. Im Jahr 2010 wurde es erneut renoviert.

Wenn die Wände sprechen könnten, würden sie sicher über Hemingway, Sartre, de Beauvoir und andere berühmte Besucher plaudern.

Beim Besuch der Toilette konnten wir sogar noch Überreste der römischen Gebäude sehen!

12.30 Uhr: Pranzo / Mittagessen.

Wir gingen entlang der Hauptstraße Corso Trento e Trieste und bogen dann in den Corso Mazzini ein. In der ersten Straße links, der Via dei Sabini, befand sich die Pizzeria/Trattoria Anema e Core (Seele und Herz), die nett aussah. Und wir wurden nicht enttäuscht!

Nun konnte es weitergehen!

14.30 Uhr: Spaziergang zum Türme-Viertel von Ascoli Piceno.

Wir kehrten über den Corso Mazzini zur Piazza del Popolo zurück und bogen in die Viale Trivio ein. Hier erspähten wir bereits den ersten Turm. Weiter ging es an der San-Pietro-Martire-Kirche und der Kirche San Vincenzo e San Anastasio vorbei.

Durch die Gassen erreichten wir die Ufer des Tronto-Flusses, der zusammen mit dem Castellano-Fluss die Hauptschlagader der Stadt bildet und Grund für die ersten menschlichen Ansiedlungen war.

Danach erreichten wir das Solestà-Tor und überquerten die römische Brücke. Diese soll im 1. Jahrhundert n. Chr. erbaut worden sein, wurde aber in den 1930er Jahren verändert und verstärkt. Über die Brücke gelangt man in den Stadtteil Solestà.

Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich die Fonte di San Emidio (die Quelle des Heiligen Emidius). Hier wuschen die Frauen früher die Wäsche; der Waschplatz oder lavatoio ist noch gut erhalten.

Wir kehrten über die Brücke zurück und sahen entlang der alten Stadtmauer und den verschiedenen Gassen einige Türme, bevor wir die Via dei Torri erreichten und wieder auf den Corso Mazzini stießen.

Dem Corso folgten wir bis zum Ende, um die Malatesta-Festung auf der Ostseite der Stadt zu besichtigen. Ganz in der Nähe befand sich auch eines der meistfotografierten Wahrzeichen der Stadt: die Ponte di Cecco. Diese Brücke war die älteste der Stadt; erst im 19. Jahrhundert wurden ihre frührömischen Ursprünge entdeckt! Sie war vermutlich der östliche Ausgang der Via Salaria. 1944 wurde sie bombadiert und wieder repariert.

Um die Namensgebung Cecco ranken sich zwei Geschichten:

  • der Dichter Cecco d’Ascoli aus dem 13. Jahrhundert habe die Brücke angeblich mithilfe des Teufels binnen einer Nacht erbaut.
  • oder der Baumeister Cecco Aprutino, der die Brücke im 14. Jahrhundert restaurierte.

Das Malatesta-Kastell selber konnten wir nicht besuchen. Es wurde 1349 im Auftrag der Malatesta-Familie an der Stelle erbaut, an der sich einst die römischen Thermen und später weitere Verteidigungsanlagen befanden. Sein heutiges Aussehen erhielt es im 16. Jahrhundert unter Papst Paul III. Ab dem Jahr 2000 wurde es als Mittelalter-Museum umgestaltet.

Über die moderne Brücke mit Blick auf den 1100 Meter hohen Monte Ascensione kehrten wir ins Stadtzentrum zurück.

Jetzt brauchten wir etwas Ruhe und so legten wir in unserem B&B, dem Stenghe Stracche auf dem Corso Mazzini 65, eine kleine Pause ein. Das B&B war einfach, aber gut, und vor allem ruhig und doch zentral gelegen.

20:00 Uhr: Cena / Abendessen.

Heute kein Aperitif, sondern gleich Abendessen! Ganz in der Nähe des B&Bs war La Nicchia. Wir bestellten natürlich die berüchtigten Olive Ascolane: frittierte, gefüllte Oliven. In Ascoli gibt es sie auf jeden Fall noch handgemacht: Man nimmt die großen Oliven der Sorte Ascolana und entsteint sie so, dass kein Loch entsteht. Statt des Kerns kommt dann eine Fleischfüllung mit Kräutern hinein und die Olive wird paniert und frittiert. Guten Appetit!

Ein letzter Blick auf Ascoli bei Nacht und dann schlafen gehen!

Ein langer Artikel, und doch haben wir nur einen kleinen Teil von Ascoli Piceno gezeigt. Die Stadt bietet noch so viele andere Sehenswürdigkeiten wie die Kirche San Francesco, die Höhlenkirche San Emidio, die päpstlichen Papierfabriken, das römische Theater und so weiter. Eine schöne Ausrede, um noch einmal zurückzukommen, um einen weiteren Artikel zu schreiben!


1 Kommentar

Dr. Wirth · 14 Februar 2024 um 12:02

Wir haben in der Latteria auch selbstgemachte Eissorten probiert. Hervorragend war eine Sorte mit Olivenöl, ungewöhnlich aber hervoragend.

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