In einer Seitengasse des historischen Zentrums von Recanati, unweit des Geburtshauses von Leopardi und dem Orto del Infinito (Garten des Unendlichen), liegt ein Kloster der Kapuziner-Mönche. Dort betreiben die Mönche und ihre freiwilligen Helfer im Sommer ein Restaurant. Wir haben es ausprobiert und können es als Tipp für Recanati sehr empfehlen:



Kapuzinerorden – im 16. Jahrhundert in den Marken entstanden.
Der Kapuzinerorden (Ordine dei Frati Cappuccini Minori) ist ein Zweig des Franziskanerordens. Ihren Namen Cappuccini haben sie wegen der typischen Kapuzen an ihren braunen Kutten (Cappuccino = Kapuze). Das Adjektiv minori (minder) bezieht sich auf die Bescheidenheit und Einfachheit, die sich die Mönche selbst auferlegt haben, ganz im Sinne des Ordensgründers Franz von Assisi. Im 16. Jahrhundert gründeten sich die Kapuziner als Zweig der Franziskaner, weil sie Einfachheit und Fürsorge für die Ärmsten und sozial Benachteiligten noch konsequenter leben wollten als der Mutterorden. Dafür wurden sie zunächst sogar als zu radikal verfolgt. Erst im Jahre 1529 erkannte die Kirche sie an. Im Artikel über die Eremo Acquarella haben wir bereits über die Ordensgründung in den Marken geschrieben.
Die Kapuziner in den Marken unterstützen eine Reihe von Missionen in Afrika. Die Recanati-Mönche haben sich dabei auf Projekte in Äthiopien und im Benin konzentriert. Auf ihrer Webseite könnt Ihr sehen, was sie schon alles erreicht haben (Seite ist auf Italienisch). Dabei sind einige Mönche mit freiwilligen Helfern vor Ort und werden finanziell unterstützt durch Spenden und eben auch durch das Restaurant, dessen Einnahmen ganz den Missionen zugutekommen.
Abendessen im Konvent – der Erlös geht an die Mission.
Neben dem normalen Restaurantbetrieb veranstalten sie auch einige Abende zu speziellen Themen. Wir hatten uns eine Veranstaltung ausgesucht, bei der in der nahegelegenen Via Montemorello, direkt gegenüber des Leopardi-Hauses, an langen Tischen unter freiem Himmel aufgetischt werden sollte.


Wegen der angesagten Unwetter wurde es jedoch kurzfristig in den Klosterhof verlegt. Denn hier gab es ein großes überdachtes Zelt, unter dem die zahlreich erschienenen Gäste gut Platz fanden. Die Plätze an den langen Tischen füllten sich, aber wir hatten ja reservierte Plätze.





Die Atmosphäre war allseits freundlich und entspannt, was helfend dazu beitrug, die längere Zeitspanne zu überbrücken, bis alle Gäste eingetroffen waren und schließlich der erste Gang aufgetischt wurde.
Marchigianisches Essen und der berühmte Ciambellone von Kapuziner-Pater Giulio.
Das Essen war typisch marchigianisch, lecker, aber auch sehr einfach: Goldene Teller und Kaviar hätten ja auch nicht zu den bescheidenen Kapuzinermönchen gepasst. Das Ganze kostete 25 EUR pro Person inklusive Wasser. Andere Getränke wurden extra bezahlt, waren aber ebenfalls sehr günstig. Es gab Tortellini alla Norcina (mit Salsiccia-Wurst und Trüffelsahne) und zarten Kalbsbraten mit gekochtem Gemüse. Alles wurde von den freiwilligen Helfer:innen mit Achtsamkeit aufgetragen, Nachschlag inklusive.






Und als Dessert … tadadadada!!! … den vielgelobten Ciambellone des Fra Giulio.
Dieser Kranzkuchen des Bruders Giulio wurde uns von einem der Mönche bereits als Highlight angekündigt. Er ermunterte uns, auf dem Handy schon einmal das YouTube-Video von Fra Giulio aufzurufen, in dem dieser den berühmten Kuchen buk:
Im Video erzählt der 85-jährige Mönch aus Recanati, dass der Ciambellone in seiner Kindheit der einzige Nachtisch war, den es gab. Während der Corona-Pandemie habe er sich ans Backen begeben, weil er etwas zu tun brauchte und weil er damit beitragen wollte, Geld für die armen Kinder in den Missionen von Benin und Äthiopien zu erwirtschaften. Das Gebäck ist seitdem fester Bestandteil des Restaurant-Menüs. Und der einzige Nachtisch auf der Karte.
Die Freiwilligen und Bruder Pettinelli erzählen von der Missionsarbeit der Kapuziner.
Vor dem Dessert gab es allerdings noch eine wirklich kurze, interessante Präsentation. Zwei der jungen freiwilligen Helfer:innen stellten sich vor: Zurzeit arbeiteten sie im Kloster in Recanati in Küche und Service mit und bereiteten sich gleichzeitig auf ihre Auslandseinsätze, z. B. im Benin, vor. Danach folgte ein Video, in dem der Bruder Pettinelli aus dem Kloster von seinem aktuellen Einsatz in Äthiopien berichtete, in dem sie Straßenkinder unterstützen und ihnen Bleibe, Essen und Schule bieten. Ein anderer Bruder erläuterte, dass sie in Recanati 15 Mönche seien; zur Zeit aber nur 7, weil einige regelmäßig in den Missionen wären.



Der Ciambellone.
Dann kam der Ciambellone und ich darf Euch sagen, er war wirklich perfekt: ein ganz leichter und einfacher Kuchen mit einem Geschmack nach, ja was? Nach Mistra, dem legendären Kräuterlikör der Marken, der in vielen Süßspeisen zur Anwendung kommt!


Mein Mann Otto holte sich nachher noch in der Bar einen guten Caffè (Espresso). Hier sahen wir, dass es auch einige Produkte der Mönche zu kaufen gab, von Pasta bis zu eingelegtem Gemüse.





Noch eine Überraschung: die Kirche „Madonna di Loreto“ von Recanati.
Wir verabschiedeten uns herzlich von unseren Tischnachbarn und dem diensthabenden Mönch und traten aus dem Klostertor heraus. Aber welche Überraschung! Inzwischen war es dunkel geworden, aber die Klosterkirche, die der Maria von Loreto gewidmet ist, war geöffnet und hell erleuchtet. Diese Einladung nahmen wir natürlich gerne an und schauten uns das Gotteshaus an:



Den hölzernen Hauptaltar schmückte natürlich ein Bild der Muttergottes von Loreto, im 16. Jahrhundert in Urbino vom Künstler Girolamo Cialderi geschaffen. In den mit schöner Trompe-d’oeil-Technik (Augentäuschung) verzierten Seiten finden sich Bilder der Hl. Klara und der Margarete von Cortona und eine Statue des Hl. Antonius. In der Seite rechts vom Hauptaltar ein Bild der Madonna Consolatrice degli Afflitti (der Trösterin der Betrübten), die zugleich als Beschützerin der Familie Leopardi galt.





Aber das sensationelle Highlight war das große Gemälde direkt rechts vom Eingang: Es nennt sich kurioserweise die Madonna dell’Insalata (die Madonna des Salates) und wird inzwischen von Experten keinem Geringeren als Caravaggio zugeordnet!
Links neben der Kirche noch ein kleiner Raum mit moderneren Figuren von Papst Johannes Paul II., Mutter Teresa und von Padre Pio, einem ehemaligen Kapuzinermönch, der vor allem in Süditalien hochverehrt wird und im Jahre 2002 heiliggesprochen wurde.
Beim Hinausgehen entdecken wir noch die Stele aus Keramik des in Recanati geborenen Künstlers Rodolfo Ceccaroni, an der sich einer der Patres von einigen Gästen verabschiedet. Zufrieden und inspiriert begeben wir uns auf den Heimweg.




Nützliche Informationen zum Kapuziner-Restaurant:
Öffnungszeiten:
Das Restaurant des Kapuzinerkonvents ist nur im Sommer bis circa Oktober geöffnet: Mittwochs bis samstags von 12:30 bis 14:00 Uhr, sowie freitags bis sonntags abends von 20 bis 22 Uhr.
Hier könnt Ihr Euch die Speisekarte ansehen. Ihr könnt per Telefon (+390717570505) und auch per WhatsApp reservieren oder auch mit dem Online-Formular (auch auf Deutsch!) unten auf der Webseite des Restaurants: Webseite mit Reservierungsmöglichkeit.
Es gibt aber auch spezielle Themenabende außerhalb des normalen Restaurantbetriebes:
Parken:
Das Restaurant hat einen eigenen, kleinen Parkplatz. Der war bei unserer Ankunft aber schon voll, weil es ja eine große Sonderveranstaltung war. Wir fanden aber einen kostenfreien Parkplatz an der Straße um die Ecke. Ihr könnt in Recanati auch günstig an der Via Campo Boario am Stadtrand parken und dann bequem per Aufzug ins Zentrum gelangen.



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