Wir 3 (Laura, Isabelle, Elke) besuchten kürzlich die Plätzchen-Manufaktur Frolla in Osimo. Wir waren recht früh dran und konnten miterleben, wie die Mitarbeiter:innen morgens eintrudelten und sich alle fröhlich und mit großem Hallo begrüßten. Hier herrscht ein schönes Arbeitsklima, dachten wir. Und dann beim Eintritt der herrliche Duft nach Plätzchen! Laura hat unseren süßen Ausflug so zusammengefasst:
Ich schreibe diesen Artikel, während überall Krümel von vermasselten Keksen (biscotti sbagliati) auf meinem Schreibtisch herumliegen.
„Was ist denn an diesen Keksen vermasselt?“ mögt Ihr fragen. Nun, es sind in der Tat köstliche, wohl geformte Plätzchen mit weißer Schokolade, Kakaopulver und … Salz! Eine ungewöhnliche Mischung von Zutaten, so ungewöhnlich wie die Hauptdarsteller unseres heutigen Artikels: Jacopo, Gian-Luca und 18 engagiert arbeitende Menschen in der kleinen Bäckerei, die sich Frolla nennt (nach Pasta Frolla, dem italienischen Wort für Mürbeteig benannt).
Schaut Euch mal das Video aus dem Jahr 2018 an, in dem sich die frisch aus der Taufe gehobene Bäckerei Frolla der Welt vorstellt:
Oh ja, das ist der besondere Aspekt dieser Bäckerei: die 18 engagiert arbeitenden Leute sind alle sozial beeinträchtigt, wie die Biografie auf den Rückseiten der Kekspackungen beschreibt. Jacopo und Gian-Luca sind die Gründer dieser kleinen „Träume-werden-wahr“ Fabrik. Wir, Laura, Isabelle und Elke, hatten ein langes Gespräch mit Jacopo und konnten einige der Menschen bei ihrer Arbeit in dem kleinen und doch gut ausgerüsteten Laden treffen.
Gian-Luca arbeitete ursprünglich in einer Sozial-Kooperative und war der Fussball-Trainer von Jacopo, einem jungen Mann, der schon immer eine Leidenschaft für die Zuckerbäckerei (Pasticciera) hatte. Ein ungewöhnliches Duo, das die Idee hatte, eine neue Art Bäckerei zu eröffnen: Die Kunden sollten die Kekse nicht aus Mitleid mit den dort arbeitenden Bäcker:innen mit Behinderungen kaufen, sondern schlechterdings, weil die Plätzchen super-lecker sind.
Tatsächlich haben die Bäcker:innen alle professionelle Zuckerbäckerei (pasticciera) in einer lokalen Hotelfachschule gelernt, ein Praktikum in der Bäckerei gemacht und arbeiten nun alle 4 Stunden pro Tag in diesem Plätzchen-Paradies. Diese jungen Leute haben alle unterschiedlichste Behinderungen, aber das hat sie nicht davon abgehalten, einen Beruf zu erlernen und alle Produktionsschritte zu meistern, die in der Bäckerei notwendig sind, von der Teigherstellung bis zur Verpackung. Dabei arbeiten alle als Team in einem familiären und professionellen Umfeld zusammen.
Allerdings waren die ersten Schritte weiß Gott nicht einfach, wie Gian-Luca’s Frau, Elisa Caporalini, in ihrem Buch „Frolla – biografia di un sogno“ („Frolla, Biografie eines Traumes“, nur auf Italienisch erhältlich) schreibt.
So musste die Finanzierung gesichert, bürokratische Hindernisse aus dem Weg geräumt und ein Ort für die Bäckerei gefunden werden. Schließlich mussten geeignete Keksrezepte gefunden und ausprobiert werden und die Marke Frolla auf die Beine gestellt werden.
Jacopo betont, dass Frolla ohne die vielen ehrenamtlichen Unterstützer von nah und fern nicht hätte an den Start gehen können. In 2017 sicherte ein erstes Crowdfunding die Gründung der Firma. Dann kam Gianni von der bekannten Pasticceria Lombardi aus Osimo und schenkte Frolla tolle Rezepte und sein Know-How. Donato stiftete Ausrüstung und Maschinen. Die Hauptzutaten kommen übrigens aus der Gegend und machen die Frolla-Kekse zu einem sehr lokalen Produkt! Viele weitere halfen beim Logo-Entwurf, bei der Werbung, der Internetseite, der Verpackungstechnik und allem anderen, was eine kleine Keksfabrik benötigt.
Als soziale Kooperative ist Frolla verpflichtet, alle Gewinne, die sie erzielen, innerhalb eines Jahres in neue Projekte zu investieren. So wurde im Mai 2018 die Backstube komplettiert. Im März 2019 wurde die Diversamente Bar (übersetzt etwa „Anders Bar“) eröffnet. 2020 schlug dann Corona zu, aber das verschreckte unsere tapferen Bäcker:innen nicht, denn sie eröffneten einfach einen online-Shop, der sich als brillante Idee herausstellte: heute machen sie etwa 30% ihres Umsatzes über das Internet. 2021 nahmen sie das Frolla-Mobil in Betrieb, mit dem sie die leckeren Frolla-Kekse in der ganzen Region Marken anbieten: auf Märkten, bei Konzerten oder zum mieten für Feste.
2021 hatten sie dann auch ihren bislang größten Erfolg: Sie gewannen den Europäischen Bürgerpreis für Integration und setzten sich damit gegen einige ebensfalls gute Konkurrenten durch. Das ganze Team von Frolla flog im Mai 2022 nach Brüssel, um diesen Traum live zu erleben! (2021 konnte wegen Corona-Einschränkungen nur Jacopo fliegen, um den Preis entgegen zu nehmen).
2022 ging es mit neuen Projekten weiter: Sie entwickelten einen Masterplan für Start-Ups, die nach dem Vorbild von Frolla integrative Aktivitäten entwickeln wollen. Und im September, nur wenige Tage nach der fürchterlichen Flut in der Region Marken, nahmen sie einen neuen Keks ins Programm, den sie Briciole (Krümel) nannten und mit dessen Verkauf sie mehr als 10000 € für die Flutopfer spenden konnten.
Und Frolla hört mit dem Träumen nicht auf! Neben Aktivitäten für Weihnachten und für private Veranstaltungen möchten sie mehr Schokolade ins Programm nehmen. Bisher hatten sie dafür nur einen kleinen Raum, um Schoko-Gebäck herzustellen, aber nun möchten sie eine Maschine für weitere Produkte anschaffen, wie zum Beispiel für Oster-Eier, Schokoriegel und anderes.
Hier ist der link zum crowdfunding für die Anschaffung der neuen Schokoladenmaschine, falls Ihr mithelfen wollt: https://sostieni.link/32036
Wenn Ihr in der Nähe von Osimo seid, besucht doch einmal die Diversamente Bar von Frolla: die Öffnungszeiten sind von Dienstag bis Sonntag 8 bis 12 Uhr und außerdem von Dienstag bis Freitag von 15 bis 18 Uhr. Die Adresse ist: Via XVII Luglio 16, 60027 Osimo.
Wenn Ihr keine Gelegenheit habt, dort persönlich vorbei zu fahren, dann könnt Ihr die super-leckeren Kekse auch im Frolla Internet-Shop erwerben: https://frollalab.it/shop/
0 Kommentare