Wir hatten schon früher über die Zubereitung des Sankt-Johannis-Wassers geschrieben, die üblicherweise in der Nacht zum Johannistag erfolgt:
Heute wollen wir Euch mit dem Brauch der Barca di San Giovanni vertraut machen, mit dessen Hilfe die Leute früher die Zukunft vorausgesagt haben.
Ursprung des Brauches.
Am 24. Juni, also an Sankt Johannis, gedenkt man einerseits Johannes des Täufers und gleichzeitig ist es die Zeit der Sommersonnenwende, zu der es viele vorchristliche Bräuche gibt. Daher existieren viele Rituale, die mit Wasser (wegen des Täufers) und magischen Riten wie dem Auffangen von Tau in der Sankt-Johannisnacht verbunden sind. Es verbinden sich Elemente der Naturbeobachtung mit Aberglauben und religiösen Motiven.


Der Brauch der Barca di San Giovanni soll ursprünglich aus Florenz stammen, ist aber inzwischen in weiten Teilen Italiens beheimatet und soll in den Marken der Großmütter- und Großvätergeneration sehr präsent gewesen sein.
Eine Abwandlung existiert übrigens in Rom, wo man in der Nacht auf den 29. Juni (zum Peter-und Paul-Tag) mit ähnlicher Technik eine Barca di San Pietro heraufbeschwört.
Elke stellt die Barca di San Giovanni her: ein Experiment.
Die Zubereitung der Barca di San Giovanni war denkbar einfach: Ich brauchte dazu nur ein durchsichtiges Glasgefäß, Wasser und ein Eiweiß.


Zunächst füllte ich das Gefäß mit Wasser. Dann ließ ich vorsichtig das Eiweiß hineingleiten. Schließlich stellte ich das Ganze in der Nacht nach draußen unter den freien Himmel.


Als ich am nächsten Morgen in der Frühe nachschaute, erkannte ich im Wasser tatsächlich Formen, die – wohlwollend betrachtet – Segeln glichen.


Eineinhalb Stunden später, als die Sonne schon auf das Gefäß fiel, waren sie sogar noch deutlicher.


Und gegen Mittag war der Spuk vorbei und das Wasser wieder klar!
Barca di San Giovanni sagt die Zukunft voraus.
Nun soll sich anhand der Formen, die sich am Morgen im Wasser gebildet haben, die Zukunft vorhersagen lassen:
Sieht es aus, als wären die Segel gesetzt und voll, dann kündigt sich eine Zeit des Wohlstandes und guter Ernten an. Sind sie nur dünn oder nicht vorhanden, dann drohen Ungemach und Unwetter. Ist das Gebilde eiförmig, dann steht eine Schwangerschaft bevor. Kann man einen Turm erkennen, dann wartet ein Umzug. Kleine Bläschen (Bollicine) kündigen eine Hochzeit an und eine Schlange steht für Klatsch und Tratsch.
Die Gebilde in meiner Flasche waren jedenfalls mehrere kleinere aufgespannte Segel, was immer das heissen mag. Aber da ich es ja nicht ordnungsgemäß in der Johannisnacht zubereitet habe und nicht abergläubig bin, ist das nicht so wichtig.
Wie lautet die wissenschaftliche Erklärung des Phänomens?
Von der künstlichen Intelligenz (ChatGPT) bekam ich folgende Erklärung, die ich hier vereinfacht wiedergebe:
- In den Juninächten ist es tagsüber warm und es kühlt nachts schön ab. Entsprechend bildet sich Tau auf der offenen Wasseroberfläche und beeinflusst die Oberflächenspannung und den Austausch mit der Luft.
- Gleichzeitig reagiert das Eiweiß auf Temperaturänderungen, Oxidation durch Luftsauerstoff und auf pH-Änderungen und beginnt, sich langsam in Fäden und Schlieren zu strukturieren.
- Die kühlere Luft trifft nun auf wärmeres Wasser und es entstehen Strömungen, die das solchermassen strukturierte Eiweiß in Form ziehen, zum Beispiel in eine Segelartige Form.
Ein sehr spannender Brauch und so einfach herzustellen. Versucht es doch selber in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni. Und wenn Ihr ein spektakuläres Ergebnis habt, schickt uns doch ein Foto (an info at eccolemarche.eu).
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